An dieser Stelle, wollen wir bei unterschiedlichen Menschen verschiedenste Themen nachfragen.
Gedanken, Haltungen, Themen und mehr
Nachgefragt
10 Fragen an die Tafeln
1. Wer sind die Tafeln?
Die Tafeln sind mehr als 900 gemeinnützige Vereine in ganz Deutschland. Rund 60.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sammeln überschüssige, aber qualitativ einwandfreie Lebensmittel im Handel und bei Herstellern ein und verteilen diese unentgeltlich oder zu einem symbolischen Betrag an sozial und wirtschaftlich benachteiligte Menschen. Woche pro Woche nutzen über 1,5 Millionen Menschen das Angebot der Tafeln, ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche.
Die Hälfte der Tafeln in Deutschland agiert als eingetragener Verein, die andere Hälfte befindet sich in Trägerschaft von Wohlfahrtsverbänden, kirchlichen Einrichtungen und Stiftungen.
Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V., gegründet 1995, vertritt die lokalen Tafeln als Dachverband gegenüber Politik, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft.
2. Was machen die Tafeln?
Die Idee, die hinter den Tafeln steckt, ist bestechend einfach:
Auf der einen Seite gibt es Lebensmittel, die im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden können, aber qualitativ noch einwandfrei sind - beispielsweise aus Überproduktionen, zu großen Lagerbeständen und bei Sortimentswechsel, aber auch Brot und Brötchen vom Vortag, Lebensmittel kurz vor Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums, falsch abgefüllte oder verpackte Ware, saisonale Produkte am Ende der Saison etc.
Auf der anderen Seite gibt es auch in einem Land wie Deutschland viele Bedürftige, die diese Lebensmittel gebrauchen können: vor allem Arbeitslose, Alleinerziehende, Geringverdiener, kinderreiche Familien und Rentner.
Die ehrenamtlichen Helfer der Tafeln bemühen sich hier um einen Ausgleich: Sie sammeln diese "überschüssigen" Lebensmittel und geben sie an Bedürftige weiter - unentgeltlich oder zu einem symbolischen Betrag. Die Tafeln helfen so wirtschaftlich benachteiligten Menschen, eine schwierige Zeit zu überbrücken und geben ihnen dadurch Motivation für die Zukunft - und verhindern gleichzeitig, dass wertvolle Lebensmittel im Müll landen.
3. Wer ist und was macht der Bundesverband Deutsche Tafel e.V.?
Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein und unterstützt gemäß seiner Satzung die Tafeln bei ihrer Arbeit vor Ort. Mit Ausnahme der Geschäftsstelle engagieren sich die Mitglieder sämtlicher Gremien des Bundesverbandes - Vorstand, Beirat, Kuratorium - ehrenamtlich für die Tafel-Idee.
Als Dachverband der lokalen Tafeln im Jahr 1995 gegründet, hat er insbesondere folgende Aufgaben:
- Suchen, Vermitteln und Betreuen von überregionalenPartnern und Sponsoren für die lokalen Tafeln
- Vertreten der Tafel-Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
- Kommunikation mit Medien und Öffentlichkeit
- Verteilen bundesweiter Spenden an die Tafeln vor Ort
- Unterstützung der Mitglieds-Tafeln durch Wissensaustausch, Weiterbildung und Beratung
- Hilfestellung bei Tafel-Neugründungen.
4. Was macht die Tafeln besonders?
Die Idee, überschüssige Lebensmittel dort abzuholen, wo sie nicht mehr gebraucht werden und an diejenigen zu verteilen, die sie benötigen, ist so einfach wie schlüssig. Die Tafeln verteilen um, was bereits existiert - und nutzen damit vorhandene Ressourcen, statt mühsam neue zu schaffen. Eine Idee, von der alle profitieren: Unternehmer sparen Lager- und Entsorgungskosten für ihre Lebensmittel, und die Bedürftigen erhalten gute Lebensmittel für wenig Geld - oder sogar ganz umsonst. Und die Umwelt profitiert auch: Mit ihrer Arbeit tragen die Tafeln ihren Teil dazu bei, dass ressourcen- und arbeitsintensiv produzierte Lebensmittel sinnvoll verwendet werden, statt auf dem Müll zu landen.
Die rasante Entwicklung der Tafeln in Deutschland spricht für sich: In 20 Jahren sind es von einer Tafel über 900 in ganz Deutschland geworden. Das alles mit überwiegend ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die freiwillig ihre Zeit, ihr Wissen und ihre Tatkraft für die Tafel-Idee spenden. Die Tafeln sind damit eine der größten sozialen Bewegungen der heutigen Zeit.
5. Wie stellen die Tafeln sicher, dass die Hilfe bei den Bedürftigen ankommt?
Durch ihre lokal begrenzten Gebiete kennen die Tafel-Betreiber ihre Region sehr genau. Da sich zudem die Bedürftigen selbst bei den Tafeln melden, können die ehrenamtlichen Mitarbeiter vor Ort sicherstellen, dass die Hilfe direkt dort ankommt, wo sie benötigt wird. Die Bedürftigkeit der Tafel-Kunden lassen sich die Tafeln durch die Vorlage offizieller Dokumente (z.B. Hartz-IV-Bescheid, Bescheid über Sozialhilfe etc.) nachweisen.
Die Verwaltung der Tafeln - auf lokaler Ebene und beim Bundesverband - ist schlank gehalten. Die typische Tafel-Mitarbeiterin bzw. der typische Tafel-Mitarbeiter engagiert sich ehrenamtlich. Gelegentlich findet man bei den Tafeln auch hauptberuflich Angestellte, deren Gehälter oft durch Groß-Sponsoren gegenfinanziert werden. Beispielsweise in der Berliner Geschäftsstelle des Bundesverbandes, in der sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an fünf Tagen die Woche um Mitgliederbetreuung, Fundraising, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Logistik, Finanzierung/Buchhaltung und Organisation kümmern - die Hälfte davon in Teilzeit.
Durch seine schlanke Organisation stellt der Bundesverband Deutsche Tafel e.V.sicher, dass Spendengelder nicht in der Verwaltung "verschwinden", sondern direkt an die lokalen Tafeln weitergegeben werden - entweder per Ausschüttung an sämtliche Mitgliedstafeln oder für spezielle Förderprojekte.
6. Wie finanzieren sich die Tafeln?
Die Tafeln finanzieren sich grundsätzlich über Spenden. Doch wozu benötigen die Tafeln Geld, wenn sie Lebensmittel gespendet bekommen und ehrenamtlich arbeiten?
Um die gespendeten Lebensmittel an die Bedürftigen verteilen zu können, benötigen die Tafeln Fahrzeuge und Kraftstoffe. Für verderbliche Ware wie Milchprodukte, Wurst, Käse, Gemüse und Tiefkühlkost sind spezielle Kühlfahrzeuge nötig. Dazu kommen die Kosten für Miete, Lagerhaltung, Kühlräume etc. sowie die Infrastruktur für ein (wenn auch meist kleines) Büro: Schreibtisch, Telefon, Computer, Druckerpapier etc.
Teils können die Anschaffungskosten von Fahrzeugen und Infrastruktur durch Sponsoren gedeckt werden. Doch auch der laufende Betrieb muss finanziert werden. Hier sind die Tafeln auf Geldspenden angewiesen.
Sie möchten gerne spenden? Das können Sie hier tun.
7. Wer unterstützt die Tafeln?
Bei den Tafeln gilt das Motto "Jeder gibt, was er kann".
Vor Ort spenden insgesamt rund 60.000 ehrenamtliche Helfer ihre Freizeit und ihr Know-how dafür, dass gespendete Lebensmittel abgeholt und an Bedürftige ausgegeben werden - samt Organisation und Verwaltung der lokalen Tafeln.
Bundesweit unterstützen tausende Unternehmen die Tafeln: Örtliche Bäckereien, Fleischereien, Supermärkte spenden Lebensmittel, Kfz-Betriebe reparieren Fahrzeuge, Grafiker erstellen Informationsmaterial und so weiter. Daneben engagieren sich bundesweit Sponsoren wie überregionale Handelsunternehmen, Lebensmittel- und Automobilhersteller, Mobilfunkanbieter und Beratungsagenturen.
Als Schirmherrin setzt sich Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig für die deutschen Tafeln ein.
8. Wie kann ich die Tafel-Arbeit unterstützen?
Das Tafel-Motto lautet "Jeder gibt, was er kann". Privatpersonen können (verpackte) Lebensmittel sowie Waren des täglichen Bedarfs und Geld spendenoder als ehrenamtliche Helfer ihre Feizeit zur Verfügung stellen und bei den Tafeln vor Ort Lebensmittel einsammeln, verteilen oder in der Tafel-Verwaltung mitarbeiten.
Unternehmen unterstützen die Tafeln mit Geld- oder Sachspenden - entweder regional oder bundesweit.
Es gibt noch weitere Möglichkeiten, die Tafeln zu unterstützen.Im Bereich spenden & helfen finden Sie einige Beispiele - vielleicht fällt Ihnen ja auch noch etwas ganz anderes ein?
Die Tafeln freuen sich auf jeden Fall über jede Art von Unterstützung: sowohl materieller und finanzieller Art als auch über ehrenamtliche Mitarbeit. Das Finanzamt erkennt die Tafeln als gemeinnützig und mildtätig an. Damit sind alle Spenden von der Steuer absetzbar.
9. Kann ich selbst eine Tafel gründen?
Wir freuen uns prinzipiell über Interesse an der Tafel-Idee. Wegen der bestehenden Tafel-Dichte in Deutschland - mittlerweile gibt es bundesweit über 900 Tafeln mit mehr als 3.000 Ausgabestellen - kommen Tafel-Neugründungen jedoch nur noch selten in bestimmten Regionen Deutschlands in Frage.
Eine Tafel-Neugründung bedarf der schriftlichen Genehmigung durch den Bundesverband Deutsche Tafel e.V. und erfolgt nach genauen Vorgaben. Wenn Sie eine Tafel gründen möchten, wenden Sie sich bitte an die/den für Ihre Region zuständige/n Ländervertreter/in.
Bitte beachten Sie, dass der Tafel-Name und das Tafel-Logo eingetragene und geschützte Markenzeichen sind. Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. möchte sicherstellen, dass sich alle Tafeln an die Tafel-Grundsätze halten. Daher muss derBundesverband das Tragen und die Verwendung des Tafel-Namens ausdrücklich erlauben. Wer den Namen "Tafel" ohne Genehmigung führt, handelt widerrechtlich und macht sich strafbar.
10. Wie finde ich eine Tafel in meiner Nähe?
Über die Tafel-Suche können Sie auf zwei Arten eine Tafel in Ihrer Nähe finden: Entweder, Sie geben direkt einen Ortsnamen oder eine Postleitzahl ein - die nächsten Tafeln im Umkreis werden dann aufgelistet. Oder Sie suchen in Ihrem Bundesland und wählen aus der aufgeführten Liste die nächste Tafel aus.
Wenn Sie so auch nicht fündig werden, wenden Sie sich bitte an denLandesverband oder die Ländervertretung für das entsprechende Bundesland oder an den Bundesverband Deutsche Tafel e.V. Wir helfen Ihnen gerne weiter.
Aufgrund knapper Lebensmittelspenden müssen einige Tafeln leider Wartelisten führen. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, sich als Betroffene/r an weitere Tafeln im Umkreis zu wenden. Diese finden Sie ebenfalls über die Tafel-Suche.
Birgit Hofmeister zur Arbeit des ambulanten Hospizdienstes
Warum gibt es den "ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienst" St. Elisabeth und was sind seine Aufgaben?
Wir begleiten schwerkranke und sterbende Menschen sowie deren Angehörige in der letzten Lebensphase. Die meisten Menschen wollen zu Hause in der vertrauten Umgebung sterben und auf Wunsch unterstützen wir dies. Die Angehörigen haben oft große Bedenken, den Sterbenden nicht ausreichend versorgen zu können oder etwas falsch zu machen. Wir sind da, um einfühlsam zu begleiten, zu beraten, ein tragfähiges Versorgungsnetz aufzubauen sowie Ansprechpartner in Krisensituationen zu sein. Dadurch kann Sicherheit vermittelt werden und unnötige Krankenhauseinweisungen am Lebensende werden vermieden.
Sie selbst sind "Koordinatorin" - was muss man sich darunter vorstellen?
Ich bin eine von drei Koordinatorinnen in unserem Hospizdienst. Ich bin Krankenschwester mit der Zusatzqualifikation Palliative Care. Mein Aufgabenbereich ist sehr vielfältig:
Ich mache die Erstbesuche beim Patienten und zeige den Betroffenen die Möglichkeiten einer individuellen Betreuung und Begleitung auf. Auf Wunsch stelle ich einen "passenden" Hospizbegleiter vor, welcher dann die eigentliche Begleitung übernimmt.
Als Koordinatorin bin ich zuständig, die Kranken und Angehörigen zu beraten, in Fragen zu Schmerztherapie und Symptomkontrolle, Ernährung und Flüssigkeitsgabe, lindernde pflegerische Maßnahmen oder auch über angstmachende, krankheitsbedingte Veränderungen. Das alles geschieht in enger Zusammenarbeit mit all denjenigen, die an der Versorgung des Kranken beteiligt sind (Ärzte, Sozialstation, Krankenhaus, Heim, Seelsorge, Sanitätshaus, Apotheke)
Außerdem habe ich eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Ehrenamtlichen, ich frage nach oder sie informieren mich über die aktuellen Einsätze und ich sorge dabei für eine gute "Begleitung der Begleiter".
Zudem bin ich zuständig für die Gewinnung, Schulung und Fortbildung unserer Hospizbegleiter sowie für die Öffentlichkeitsarbeit.
Wie genau sieht die Begleitung Schwerstkranker oder Sterbender durch Ihren Dienst aus?
Wir haben aktuell 46 ehrenamtliche HospizbegleiterInnen, sie sind das "Herzstück" unseres Dienstes. Sie bringen ihre Zeit mit und stellen sich ganz auf die Wünsche und Bedürfnisse des Kranken ein. Die Begleitungen sind daher ganz unterschiedlich, da gibt es die ganze Bandbreite von: gemeinsam Kaffee trinken, spazieren gehen, vorlesen, Gespräche, die auch schwierigen Situationen nicht ausweichen, kleine Handreichungen wie z. B. Einkaufen gehen oder nur das "Da sein", die Sitzwache am Krankenbett, das "Mit-Aushalten" der Situation, zuhören, singen, beten.
Die Hospizbegleiter geben da nichts vor, sie stellen sich immer wieder auf die Situation ein, so wie es der Patient vorgibt. Wir wollen gemeinsam beitragen, dass trotz schwerer, fortgeschrittener Erkrankung ein lebenswertes, selbstbestimmtes und würdiges Leben möglich ist.
Welche Hilfen und Erleichterungen kann Ihr Engagement Sterbenden in der letzten Phase ihres Lebens geben? Wird in der "letzten Lebensphase" über den Tod gesprochen?
Wir erleben oft, dass Sterbende über ihre Ängste und Zweifel die im Zusammenhang mit der Krankheit und dem Tod stehen, nicht mit den Menschen besprechen können (oder wollen), die ihnen nahe stehen. Sie meinen, die Angehörigen damit noch "zusätzlich" zu belasten. Vielen fällt es leichter, diese Dinge mit einer neutralen Person zu besprechen. Für viele ist es auch wertvoll, das gelebte Leben nochmal zu reflektieren, über das Erlebte, das Schöne und das Traurige zu erzählen, dadurch Sinn zu finden und spüren zu dürfen, was von einem bleibt. Es tut den Kranken gut, einen "Zuhörer" zu haben.
Welche Hilfen erfahren die Angehörigen eines Sterbenden durch Ihr Engagement?
Die Hospizbegleiter sind genauso für die Angehörigen da, hören zu und entlasten. Angehörige sind teilweise durch die lange Pflege und die Sorge körperlich und psychisch sehr erschöpft. Die Anwesenheit eines Hospizbegleiters bietet die Möglichkeit eine "Auszeit" zu nehmen (z. B. schlafen können, außer Haus zu gehen usw.)
Die Angehörigen brauchen genauso Zuhörer für die eigenen Ängste und Sorgen im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Abschied. Oft liegt noch viel "Unausgesprochenes" im Raum. Die Begleiter geben dann auch Impulse, diese Dinge mit dem Kranken zu besprechen, bzw. zu regeln. Wir erleben dabei auch immer wieder, dass Kranke, die zuvor sehr unruhig waren zu einer inneren Ruhe finden.
Gibt es einen Ratschlag, eine Empfehlung, die Sie Angehörigen von sterbenskranken Menschen unbedingt mit auf den Weg geben würden?
Einen sterbenden Angehörigen zu versorgen, stellt die Angehörigen meist vor eine sehr schwere, schier unüberwindbare Herausforderung. Ich möchte die Angehörigen ermutigen, sich dieser Aufgabe zu stellen und sich hier auch Unterstützung zu holen. Mittlerweile gibt es in fast jedem Landkreis Hospizinitiativen, die mit der regionalen Versorgungsstruktur vernetzt sind. Vieles ist mit Hilfe dann doch möglich, was zunächst nicht machbar erscheint.
Ich bin immer wieder berührt, wie viel Kraft, Energie und Fürsorge Familien aufbringen, um es dem Sterbenden in dieser letzten Lebensphase so angenehm wie nur möglich zu machen. Die Versorgung eines Sterbenden ist für die ganze Familie eine sehr schwere, mühsame, belastende aber auch sehr wertvolle und intensive Zeit.
Ich möchte den Angehörigen nahelegen, mit dem Kranken offenen, einfühlsam ehrlich und wahrhaftig umzugehen, Sorgen und Ängste anzusprechen und nicht "wegzureden" und darauf einzugehen, was der Kranke wirklich will.
Gibt es von Ihrer Seite Beobachtungen oder Erfahrungen, die auf eine - wie auch immer geartete - (z.B. gesellschaftliche, religiöse) Veränderung im Umgang mit dem Tod und dem Sterben hindeuten?
Ich denke, unsere Gesellschaft hat es größtenteils verlernt, mit den Themen Sterben, Tod und Trauer natürlich umzugehen. Dies passt nicht in den heutigen "Lifestyle". Wir bereiten uns im Leben auf alles Mögliche vor und machen uns über Dinge Gedanken, die dann doch nicht eintreffen. Über den Tod spricht kaum jemand, obwohl unsere eigene Sterblichkeitsrate bei 100 % liegt. Wir müssen wieder lernen, den Tod in unser Leben zu integrieren. Rituale, die früher ganz selbstverständlich zu einer guten "Sterbe- und Trauerkultur" gehörten (und auch Halt und Sicherheit gaben) werden heute oft übergangen, sind in Vergessenheit geraten oder gar nicht bekannt.
Wie verkraften die Hospizbegleiter die Konfrontation mit Sterben und Tod? Wie werden die Erfahrungen aufgefangen bzw. aufgearbeitet?
Dadurch, dass ich mit den Ehrenamtlichen während eines Einsatzes immer wieder im Kontakt bin, kann ich auch zeitnah eingreifen, wenn ich merke, dass eine Situation zu belastend wird und die Ehrenamtlichen überfordert sind. Das kommt allerdings sehr selten vor. Die Hospizbegleiter bereiten sich in einem umfangreichen Kurs auf ihre verantwortungsvolle Tätigkeit vor, sie wissen und kennen die eigenen Grenzen und Möglichkeiten und haben gelernt, sich gut selbst zu reflektieren. Zudem sind unsere Hospizbegleiter verpflichtet, an regelmäßig stattfindenden Supervisionen teilzunehmen.
Hat sich durch Ihr Engagement der Blick auf Ihr eigenes Sterben, ihren eigenen Tod verändert? Falls ja: wie - in welche Richtung - welche Sichtweise konnten Sie für sich selbst entwickeln?
Auf jeden Fall! Täglicher Umgang mit Sterben und Tod macht sensibel für das eigene Leben und Sterben. Mir ist täglich bewusst, dass mein Leben endlich ist, ich versuche jeden Tag bewusst und dankbar zu leben.
Ich durfte viele Menschen begleiten und habe viele Tote gesehen. Dabei erlebe Ich immer wieder, wie in den Stunden des Abschiedes trotz all dem Schweren und Traurigen ganz viel Ruhe und Frieden spürbar wird, wie sich das Gesicht eines Verstorbenen im Tod entspannt und wie die Angehörigen rückblickend diese letzte gemeinsame Lebenszeit als wertvollen Teil des Lebens beschreiben.
Für mich hat der Tod den "Schrecken" verloren, den er früher einmal hatte.
Kauft die Dillinger Tafel auch Lebensmittel?
Die Dillinger Tafel gibt Lebensmittel an bedürftige Menschen aus. Kauft die Tafel die Lebensmittel zusätzlich ein?
Nein. Die Idee der Tafeln ist es, Lebensmittel, die an sich noch absolut brauchbar sind, aber von den Lebensmittelhändlern weggeschmissen würden, an die Menschen weiterzugeben. Der Deutsche Tafelverband hat in seinen Statuten aus gutem Grund festgelegt, dass die angeschlossenen Tafel keine Lebensmittel z.B. aus Spendenmitteln zukaufen dürfen. Dies hat mehrere Gründe:
Einerseits legen die Tafeln wert darauf, dass sie keinen Versorgungsauftrag im Sinne einer Absicherung des Existenzminimums haben, sondern nur die Lebensmittel als zusätzliche Unterstützung an bedürftige Menschen weitergeben, die ansonsten vernichtet würden. Die Existenzsicherung ist eine garantierte staatliche Aufgabe, die nicht durch "Armenspeisungen" ersetzt werden darf. Wir ermöglichen sozusagen finanzielle Spielräume für bedürftige Familien, in dem diese einige Euro bei den Lebensmitteln einsparen können, da sie ein paar der benötigten Lebensmittel bei uns bekommen. Dann bleibt beispielsweise etwas Geld für einen Ausflug der Kinder oder für Beschaffung eines kaputtgegangenen Haushaltsgeräts.
Weiterhin würden sich die Tafeln ja selbst schaden, wenn sie die Lebensmittel einkaufen würden bei den Lebensmittelmärkten. Der Anreiz nicht mehr marktfähige Lebensmittel den Tafeln zu überlassen würde dann ja letztlich entfallen. Die Grundlage der Tafeln würde in Frage gestellt werden.
Was macht denn die Dillinger Tafel dann mit den Geldspenden?
Der Betrieb der Dillinger Tafel und seiner insgesamt vier Ausgabestellen ist mit Kosten verbunden. Allein die Kosten der Fahrzeugversicherung für die beiden Kühlfahrzeuge belaufen sich im Jahr auf bald 3.000 €. Weitere Kosten entstehen durch den Transport, Lagerung, Haftpflichtversicherungen, Mieten und Raumkosten usw. Dafür werden sogar dringend Geldspenden benötigt, da diese Kosten nicht mit gespendeten Lebensmitteln bezahlt werden können. Daher sind wir sehr dankbar, dass uns die Bürgerinnen und Bürger neben Lebensmittelspenden auch Geld zukommen lassen.
Die Fragen beantwortete der Geschäftsführer des Caritasverbandes Dillingen, Stephan Borggreve.
Soziales Wohnbauprojekt - Wie und warum engagiert sich die Caritas
Wie kam es zu der Initiative, für arme Menschen im Landkreis Dillingen Sozialwohnungen zu errichten?
Aus den Fachdiensten kamen immer mehr Meldungen, dass gerade finanziell schlechter gestellte behinderte Menschen und Familien mit mehreren Kindern auf dem Wohnungsmarkt kaum Chancen haben eine kostengünstige Wohnung zu finden. Daher hat sich die Geschäftsführung und der Vorstand Gedanken gemacht, was wir als Caritas tun können. Ein Gedanke war dabei, zu prüfen, ob wir mit unseren sehr begrenzten Mitteln durch staatliche Förderung selbst Wohnungen errichten können. Ich konnte dann durch Recherchen die staatliche Förderung in Bayern für den sozialen Wohnungsbau in den Blick nehmen und in vielen Gesprächen die Umsetzbarkeit im Rahmen unserer Möglichkeiten feststellen. Der Vorstand und der Caritasrat haben diese Idee dann voll unterstützt und damit diese Projekt auf den Weg gebracht.
Wie konnten Sie dann ein passendes Grundstück für einen Sozialwohnungsbau finden? Das ist in Dillingen ja gar nicht so einfach.
Das stimmt, das war eine der wesentlichen Hürden. Aber, durch die Unterstützung des Dillinger Oberbürgermeisters Frank Kunz und letztlich dem gesamten Stadtrat hatten wir dann Erfolg. In einem neuen Wohnungsbaugebiet in Schretzheim gab es ein Grundstück für einen Mehrfamilienbau. Da unser Konzept sowohl den OB, als auch den Stadtrat überzeugte, verkaufte uns die Stadt das Grundstück. Damit konnten dann die Planungen durch den Architekten Michael Gumpp beginnen.
Ursprünglich sollte ja eigentlich ein größeres Mehrfamilienhaus entstehen. Es kam dann anders?
Ja, Herr Gumpp hatte zwei alternative Planungen ausgearbeitet und stellte zum Schluss noch das handgezeichnete Konzept mit drei kleinen Häusern vor. Das hat einfach den Vorteil, dass nicht ein großes Mehrfamilienhaus "dominant" in einem Wohnbaugebiet mit fast ausschließlich Einfamilienhäusern steht. Darüber hinaus überzeugte uns die "schwäbische" Baukonstruktion. Leider war es aus Kostengründen nicht möglich, die Häuser ganz in Holzbauweise zu errichten, aber zumindest das Obergeschoss ist eine reine Holzkonstruktion mit einem tollen Wohnklima. Darüber hinaus wurde das relativ große Grundstück optimal ausgenutzt. So enstehen jetzt acht Wohnungen in den drei Häusern. Vier kleinere Wohnungen für behinderte Menschen und vier größere Wohnungen für Familien mit mehreren Kindern.
Wie viel Wohnraum entsteht da jetzt und was kostet es den Mieter bzw. wie sieht die Finanzierung aus?
Insgesamt entstehen 546,8 Quadratmeter Wohnfläche zu einem für die Mieter sehr günstigen Mietpreis von 4,80 €. Dazu gibt es einen Zuschuss vom Land, der die Differenz zur, von der Regierung festgelegten, Erstvermietungshöhe von 7 € ausgleicht. Das heißt, der Mieter zahlt effektiv 4,80 € und erhält einen Zuschuss von 2,20 €, den er an den Vermieter zweckgebunden weiterleitet. Auf diese Weise können wir dieses fast 1,5 Millionen € teure Projekt erst stemmen.
Der Freistaat Bayern gewährt uns zwei langfristige Kredite in Höhe von fast 800.000 € sowie einen Zuschuss von 163.000 €. Die Aktion Mensch fördert wegen dem Anteil Wohnungen für behinderte Menschen das Projekt noch mit ca. 84.000 €, der Rest sind Eigenmittel unseres Caritasverbandes. Wir gehen davon aus, dass wir durch die Mieteinnahmen die Darlehen und die Zinsen finanzieren können. l Spielraum bleibt da nicht, aber wir können davon ausgehen, dass das Projekt dennoch solide finanziert ist.
Welches Interesse besteht denn an den Wohnungen und klappt es mit dem Einzug im Mai 2018?
Das Interesse, vor allem an den vier kleineren Wohnungen ist riesig, wir hätten zehnmal mehr bauen können. Auch das Interesse für die Familienwohnungen ist größer als das Angebot. Die Auswahl der Mieter erfolgt jetzt im Januar 2018. Mal schauen, wie wir da voran kommen. Der Einzugstermin im Mai scheint bis jetzt einzuhalten zu sein. Lediglich eine Baufirma macht momentan Terminprobleme, was wir von dieser Firma eigentlich nicht erwartet hatten. Aber, der Firmenchef hat zugesagt in dieser Woche mit den Restarbeiten zu beginnen. Letztlich hängt alles weitere natürlich auch vom Wetter ab. Ein sehr kalter Winter würde die Außenarbeiten natürlich verzögern. Aber wir haben ja noch über drei Monate Zeit.
Trauerbegleiter - Brückenbauer zwischen Verstorbenen und Lebenden
Sich rufen lassen - Zuhören - Schweigen - Aushalten - Wahrnehmen - Achtsamkeit - Betrachten - ins Gebet nehmen - Loslassen - Vertrauen - Hoffnung
Attribute, die uns im Zusammenhang mit Exerzitien geläufig sind, in der Trauerbegleitung werden sie konkret und greifbar. Geschwätzigkeit, Lärm und Umtriebigkeit haben dort keinen Platz. Grenzen werden berührt, bei mir und meinem Gegenüber. Wir begegnen uns von Seele zu Seele. Verletzungen, Verlustängste, Wut, Trauer, Sorgen und Ängste vor der Zukunft - existenzielle Fragen des Lebens liegen offen.
Vor einem Einsatz als Trauerbegleiter muss ich mir klar werden, ob ich der Situation gewachsen bin oder ob ich Widerstände in mir verspüre, diese Begleitung zu übernehmen. Möglicherweise benötige ich besonderen Fällen Unterstützung durch die Notfallseelsorge oder andere fachlich kompetente Menschen (z.B. bei Mord, Suizid, Kindstod). Eigene Achtsamkeit und das Erkennen meiner eigenen Grenzen, sind ein wichtiger Baustein für eine kompetente und gelingende Begleitung.
Informationen, die ich schon im Vorfeld bekomme, brauche ich nicht beim Erstkontakt mit den trauernden Menschen erfragen oder erspüren. Möglichst umfassende Informationen, soweit sie bekannt sind, erleichtert den Einstieg in die Begleitung. Schwierige Lebensumstände, Verletzungen, Trennung, Hass usw., können möglicherweise zu unkalkulierbaren Reaktionen führen und eine Begleitung zum Scheitern bringen. Behutsam fragen und hören, achtsam wahrnehmen, kleine Signale in Gesten, Körperhaltung, Lebensraum, sind wichtige Mosaiksteine um eine Brücke zur zu begleitenden Person zu bauen. Je mehr mir im Vorfeld vom Toten, den Todesumständen und dem Lebensumfeld bekannt ist, desto leichter ist es die Reaktionen und Äußerungen der Trauernden, verbal oder nonverbal, zu deuten. Sensible Bereiche können mit besonderer Vorsicht angesprochen, wenn nötig umgangen werden.
Im Einsatz bin ich mit allen Sinnen gefordert. Hören, schweigen, aushalten, kleinste Regungen an mir und meinem Gegenüber wahrnehmen - Achtsamkeit. Distanz und Nähe wahren. Nachfragen, schweigen, Tränen aushalten, hoffnungsvoll ermutigen und liebevoll das Leben des Verstorbenen erinnern.
Innerlich in einer Haltung des Gebetes, werden Zeiten des Haders, der Fragen und des Schweigens für mich erträglicher. Ausgeglichenheit, Klarheit und Ruhe der Trauerbegleitung, können dem Trauernden helfen, selbst ein weinig Frieden in der Trauer zu finden.
Nach einem Einsatz in der Trauerbegleitung muss ich wieder loslassen, Psychohygiene. Nachdenklich trete ich den Heimweg an, mit vielen Gedanken die mir nachgehen. Im Schweigen beim Spaziergang, in Gebetszeiten kann Klärung geschehen, ergeben sich Fragen, können Glück und Zweifel in mir aufbrechen. (Ehe)-Partner, Freunde, das Team der Trauerbegleitung, geistliche Begleitung und Supervision sind wichtige Partner, den Dienst der Trauerbegleitung anzuschauen, zu reflektieren und gegenseitig Mut zuzusprechen. In den Blick genommen wird das, was uns in der Begleitung nachgeht, wir schauen auf die Freude, die uns der Dienst bereitet, wir schauen auf gelungenes und auch auf interessantes, das es wert ist noch geklärt zu werden.
Menschen begleiten ist: kein - auf Händen tragen, kein - du musst es so oder so machen, kein - das ist der einzige Weg zum Glück. Begleiten bedeutet, ein Stück des Weges eines Menschen mitzugehen und klar zu erkennen, wie weit ich mitgehen darf und muss. Manche Menschen wünschen keine Begleitung durch mich oder durch uns. Dies haben wir zu respektieren, ohne zu werten und ohne persönlich gekränkt zu sein. Jeder Mensch entscheidet selbst, ob Begleitung zugelassen wird oder ob nicht. Eine gelingende Begleitung geschieht nur in gegenseitiger Freiwilligkeit und gegenseitigem Vertrauen.
Durch den Dienst der Trauerbegleitung habe ich persönlich Veränderungen meiner Wahrnehmung erfahren dürfen. Die Vielfältigkeit der menschlichen Empfindungen, die Einzigartigkeit, Verletzlichkeit, die Einmaligkeit eines jeden Menschen werden mir mit jeder Begleitung immer wieder aufs neue geschenkt. Einiges unserer vermeintlich wichtigen Dinge, werden aus der Wahrnehmung als Trauerbegleiter neu geordnet und relativieren sich vielfach im Umgang mit Menschen in Grenzsituationen ihres Lebens.
Der Blick nach Emmaus, der Blick aus der Perspektive dieser zwei Menschen auf dem Weg mit ihrem einzigartigen Begleiter an ihrer Seite, gibt mir Hoffnung, gibt mir innere Ruhe und ist Kraftquelle für diesen Dienst an der Seite meiner Mitmenschen.
Georg Steinmetz, Trauerbegleiter
Wie wichtig ist ehrenamtliches Engagement in der Dillinger Caritas?
Welche Bedeutung hat das ehrenamtliche Engagement in der Dillinger Caritas?
Schon seit der Gründung des Caritasverbandes für den Landkreis Dillingen im Jahr 1990 kam der Unterstützung durch ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger eine wichtige Rolle zu. Zwar werden in den vielen Diensten die wir mittlerweile anbieten, spezialisierte Fachleute benötigt, wie z.B. im Sozialpsychiatrischen Dienst oder der Tagesstätte für psychische Gesundheit, aber es gibt auch Bereiche die gänzlich auf das ehrenamtliche Engagement basieren, wie z.B. die Dillinger Tafel oder die Trauerbegleitung, um nur zwei zu nennen.
In vielen Bereichen mit hauptamtlichen Mitarbeitern unterstützen Ehrenamtliche das Hilfsangebot bzw. basiert der Dienst im Wesentlichen darauf. Beispielsweise der Ambulante Hospizdienst, der beide Gruppen braucht. Die Koordinatorinnen mit Spezialausbildung und langjähriger Erfahrung und die von uns ausgebildeten ehrenamtlichen Hospizhelfer.
Wie viele Menschen sind Ehrenamtliche in der Caritas hier vor Ort?
Im Caritasverband engagieren sich aktuell etwa 385 Menschen ehrenamtlich, d.h. sie erhalten keinerlei Bezahlung, lediglich bei Bedarf den tatsächlichen Aufwand erstattet, z.B. Fahrtkosten. Dabei leisten sie unschätzbare Dienste für andere Menschen im Sinne des Gemeinwohls, sozusagen Aug´in Aug´ mit den Menschen. Das ist faktisch unbezahlbar und hat für die Caritas eine sehr große Bedeutung.
Die Fragen beantwortete der Geschäftsführer Stephan Borggreve.